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Interview mit Elisabeth Klein, Keramikerin – über ihre “Sinnstücke” und den Dießener Töpfermarkt

1. Du nennst deine Marke bzw. dein Porzellan „Sinnstücke“. Was macht ein Sinnstück für Dich aus? 

Sinnstücke ist mein Logo, welches in meiner Handschrift geschrieben ist. Seit einigen Jahren mache ich zusätzlich eine Linie mit einem Münchner Produktdesigner. Wir entwerfen und produzieren das „Hausgenossen“- Porzellan. Die Sachen, die ich seit Anfang an vorwiegend auf der Drehscheibe fertige, nenne ich Sinnstücke aus Porzellan von Elisabeth Klein. Ein Sinnstück ist für mich etwas, das man gerne täglich anfasst. Etwas, dass mehrere Sinne auf mehrere Arten berührt. Mit Motiven, die einen ansprechen und einer guten Haptik durch das freigedrehte Porzellan, das gut in der Hand liegt. 

 

2. Wie kamst Du zur Keramik? Wo bzw. hast Du Dein Handwerk erlernt? 

Ich komme aus einem sehr musischen Haushalt. Mein Vater war Musiklehrer, meine Mutter Werklehrerin, die sogar als junge Frau im SOS Kinderdorf in Dießen am Ammersee arbeitete und eine leidenschaftliche Gestalterin war. Die Begeisterung für das künstlerische Handwerk hat sich auf jeden Fall übertragen. Grundsätzlich wollte ich jedoch etwas Soziales machen, in die Richtung Kunsttherapie gehen und ich fand es gut, davor eine handwerkliche Ausbildung zu absolvieren. So bin ich nach Landshut auf die Berufsfachschule für Keramik und habe dort eine dreijährige Lehre gemacht. Danach ging es für mich Richtung Murnau zur Gesellenzeit und schließlich nach England in die Nähe von Birmingham. Meine vorherige Ausbildung wurde mir an der University of Wolverhampton, School of Art and Design Ceramics, angerechnet und somit dauerte mein BA-Studium dort nur ein Jahr.  

 

3. Was inspiriert Dich? Wer inspiriert Dich? 

Mich inspirieren Städte, belebte Städte. Menschen, ja. In England hatte ich ein Fach, das hieß „Research“. Da bin ich über alle Märkte gelaufen und habe mir die geschriebenen Tafeln von den Ständen angeschaut. Die „Tafelmalereien“ von Cy Twombly mag ich gerne und generell haben mich Handschriften schon immer sehr interessiert. Die übertrage ich ja zum Teil auch auf meine Keramik.  

 

4. Wieso gerade Handschriften? 

Die Handschrift auf meinem Porzellan ist wie ein Versprechen, dass dem Gegenstand eine Erzählung innewohnt. Ich habe noch ein altes Rezeptbuch meiner Großmutter mit handgeschriebenen Notizen und Anmerkungen an den Rändern. Da habe ich schon öfters Fragmente rausgezogen und sie anhand von keramischem Siebdruck auf die Becher übertragen. Wenn’s nach mir ginge, müsste man gar nicht lesen können, was da teilweise draufsteht, aber die Kunden mögen oft klare Schriftzüge. Die Handschrift sagt auch etwas über die schreibende Person aus, aber noch viel mehr erzählt sie eben eine Geschichte. Das Alltägliche daran finde ich spannend, es können Einkaufzettel sein, flüchtige Notizen, sowas. Man denkt während dem Schreiben nicht nach, plant nichts und verrät dabei dennoch einiges. Deshalb gefallen mir Entwurf-Skizzen auch so gut, da sie eigentlich nicht dafür da sind, veröffentlicht zu werden, und dadurch etwas sehr Unverfälschtes zeigen.  

 

5. Wie würdest Du Deine Keramik in 3 Worten beschreiben? 

Lebendig, …appetitlich? Hm, gar nicht so einfach. Ich würde sagen, die Keramik ist für den Gebrauch bestimmt, benutzbar, praktisch. Ich versuche es schon so zu machen, dass man es auch hernimmt. Ich will nichts für die Vitrine machen. 

 

6. Wie läuft Dein Schaffensprozess in der Regel ab? Wie lange brauchst Du in der Regel für ein Objekt? 

Also zum Drehen von zum Beispiel einem Becher, da brauch ich eigentlich nur noch drei Minuten für einen. Aber ich denke, die meiste Arbeit ist davor und danach. Die Vorbereitung des Materials, die jeweiligen Ofenbrände – jedes Stück wird dreimal gebrannt –, die Trockenzeiten usw. das dauert auf jeden Fall länger. Es kann schon Tage und Wochen dauern, bis wirklich was fertig ist. Da dreh ich einen Becher in drei Minuten und er ist aber nach drei Wochen erst fertig. Beim Drehprozess liegt wirklich der geringste zeitliche Aufwand. Aber es hat auch zirka zehn Jahre gedauert, bis ich routiniert genug war, das Material beherrscht sowie mich sicher an der Drehscheibe gefühlt habe.  

 

7. Welcher Schritt ist am komplexesten bei Deiner Arbeit? 

Am anspruchsvollsten ist sicher der Drehprozess. Das braucht schon viel, viel Übung, bis es geschmeidig läuft. Beim Porzellan muss man schnell sein, weil es in Kürze aufweicht. Man bearbeitet es mit feuchten Händen, damit das Material durch die Hände läuft und je länger man braucht, desto höher ist das Risiko, dass es kaputt geht. Ich will ja ganz dünn drehen und wenn ich dafür zu lange brauche, stürzt mir das ein. 

 

8. Bist Du da streng mit Dir? 

Wenn mir was kaputt geht, meinst du? Also ich schau es mir, ehrlich gesagt, nicht gerne an und es landet dann gleich in der Wiederaufbereitung. Aber nein, ich bin nicht streng mit mir selbst und es dürfen natürlich mal Fehler passieren. Sonst wäre das auch eher schwierig mit der Selbstständigkeit, da ich lediglich von mir und meiner Arbeit bzw. von den Kunden abhängig bin und da würde es mir nichts bringen streng zu sein. Aber ich schaue schon darauf, dass ich pünktlich abgebe und nicht gestresst bin.  

 

9. Was trinkst Du persönlich am liebsten aus Deinen Bechern? 

Kaffee, Kaffee, Kaffee. Mit Milch. 

 

10. Was ist das Elisabeth Klein „Keypiece“? 

Schon die Kaffee Becher. Die haben den meisten Wiedererkennungswert. 

11. Wie lebt es sich als Frau in der Kunst? 

Schöne Frage. Ich glaube, ich würde mich schon mal nicht als Künstlerin beschreiben, sondern eher als Kunsthandwerkerin, obwohl dieser Begriff so strapaziert ist. Ich sehe mich nicht als Konkurrenz zu Künstlern und Künstlerinnen, da ich mich stark auf das Praktische fokussiere. Ansonsten denke ich, dass die Frauen-Männer-Thematik nicht vorrangig ist in der Keramik und es weitaus mehr Frauen als Männer in meinem Umfeld gibt, die das Metier ausüben. Ganz grundsätzlich braucht man einen langen Atem, bis man sich diese Nische erarbeitet hat und bis man weiß, dass man ruhig schlafen kann. Dass ich meinen Laden mit einer Kollegin zusammen betreibe, ist sehr hilfreich. Sie ist Goldschmiedin, wir haben zwei Gewerke in einem und kennen die Produkte der jeweils anderen so gut, dass wir Kund*innen gut beraten können. 

 

12. Du bist ja gebürtige Münchnerin, Dein Geschäft ist im Herzen der Maxvorstadt. Woher kommt der Bezug zum Fünfseenland? 

Ich mache eigentlich nur eine größere Veranstaltung außerhalb des Ladens und das ist der Dießener Töpfermarkt. Das „Tor zum Fünfseenland“ ist für mich eigentlich die Galerie Handwerk der Handwerkskammer in München, in der es einmal im Jahr eine Keramikausstellung gibt, sowie der Bayrische Kunstgewerbeverein BKV. Ich habe einige Kolleginnen, die Porzellan fertigen und vom Ammersee sind, wie zum Beispiel Astrid Schröder und Regine Hohmann. Dadurch ist der Bezug zum Fünfseenland schon sehr auf den Ammersee konzentriert.  

 

13. Wieso ist die Fünfseenregion – gerade bzgl. der Kunstszene – so ein besonderer Ort? 

Ach, ich glaube, dass die Künstler immer gerne zum Zwecke der Inspiration in die Natur gezogen sind. Der weniger romantische Grund ist wahrscheinlich heute, dass die Kaufkraft stark ist. Die Fünfseenregion ist ja auch im monetären Sinne eine reiche Landschaft. 

 

14. Hast Du einen Lieblingsort im Fünfseenland? Und wenn ja – welchen? 

Dießen! (lacht) Das ist ganz eindeutig. Weil das eine Verbindung ist, zwischen Urlaub und aber auch beruflichem Erfolg. Der Töpfermarkt ist für mich mit dem Weihnachtsgeschäft im Laden gleichzusetzen und ein wichtiger Ort, um Kunden und Kundinnen zu treffen. 

 

15. Was würdest Du Dir in Bezug auf die Kunstszene in der Fünfseenregion wünschen? 

Ich würde mir wünschen, dass der Töpfermarkt weiterhin so wichtig bleibt und viele Menschen kommen. In der Keramik-Szene gibt es nichts Vergleichbares mit dem Dießner Töpfermarkt als wichtigste Veranstaltung in Deutschland.  

 

16. Was würdest Du Deinem 20-jährigen Ich raten? 

Ah, tolle Frage. (überlegt lange) Hm, mehr Zuversicht in das eigene Können, nicht so zögerlich und ängstlich sein. Zu viele Bedenken sind eine Bremse. Mehr Selbstvertrauen ist auf jeden Fall hilfreich. 

Kontakt: Telefon: +49 89 54244229,  Mail: info@elisabethklein.de

 

Fotos: Elisabeth Frost, Eva Jünger, Klaus Hackl

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